aus: Melanie Klein, Der Fall Richard

28. Stunde (Donnerstag):

Richard machte nun erneut die „Hahn- und Henne-Geräusche“, die zunächst ganz verzweifelt klangen; dann gab die Henne fröhliche glucksende Laute von sich. Richard erklärte, daß die Henne jetzt ganz glücklich sei, weil sie soeben ein Ei gelegt habe und nun ein Baby erwarte. Darum habe sie zunächst geweint. Er erzählte, ihre Nachbarin, Mrs. A., besitze zwei Hennen, die dreizehn Küken hätten bekommen sollen, aber es seien doch nur zwei gewesen.

Mrs. K. fragte ihn, was nach seiner Meinung die Ursache dafür sei.

Richard sagte zögernd, er wisse es nicht. Er glaube, die Eier seien vielleicht schlecht gewesen. Er kniete am Tisch nieder (das war ungewöhnlich) und spielte mit der Flotte. Die Rodney wurde erneut von einem Zerstörer angegriffen. Dann stellte er fest, daß er seine Knie schmutzig gemacht hatte, und ging zum Waschbecken, um sich zu waschen. Er rief herüber, das Wasser, das er dabei benutze, sehe scheußlich aus.

Mrs. K. deutete, er habe das Gefühl, daß das aus dem Wasserhahn kommende Wasser deswegen so scheußlich geworden sei, weil er es mit seinen Knien schmutzig gemacht habe; dies alles sei nach der Versenkung der Rodney (Mammi) geschehen. Im Geiste vergifte er die Mammi mit seinem Urin und mit seinem „großen Geschäft“, und seine Knie repräsentierten seinen Popo. Das Niederknien bedeutet außerdem, daß er wegen der Angriffe auf Mrs. K. um Verziehung bitte. Er habe ihr von den Hennen erzählt, die nur zwei Küken hätten, obwohl man von ihnen weit mehr erwartet habe; auch sie repräsentierten die Mammi, die nach seiner Meinung viel mehr Kinder bekommen hätte, wenn er selbst sie nicht vergiftet hätte. Er glaube, er habe die Eier vergiftet und sie schlecht gemacht.

Dann ließ Richard das schmutzige Wasser ablaufen und begann am Waschbecken zu spielen: er füllte es, leerte es wieder und sprach von Überschwemmung.

Mrs. K. deutete sein Angst vor dem Regen, den er so sehr hasse, teilweise, weil er den giftigen und alles überschwemmenden Urin seines Vaters repräsentiere.

Richard ging nach draußen, um dort das Wasser ablaufen zu sehen, dann kam er zurück und füllte das Becken erneut mit Wasser. Er erschien ruhiger und sagte, das Wasser sehe jetzt ganz gut aus, er könne sogar einen Goldfisch hineintun.

Mrs. K. deutete ihm, er habe jetzt weniger Angst davor, sie selbst und seinen Mammi zu über-schwemmen und zu vergiften, und sei eher fähig, sie zu reinigen und den Schaden wiedergut-zumachen, indem er Mammi und Mrs. K. einen Goldfisch gebe, der ein Baby darstelle.

Als Richard heimging, schien er weit weniger besorgt zu sein. Mrs. K. und Richard gingen ein Stück des Weges gemeinsam, und bevor sie an eine Straßenecke kamen, sagte er: „Peng-Peng.“

Mrs. K. fragte ihn, auf wen er schieße. Richard antwortete, gleich um die Ecke seien Feinde, sie könnten überall sein, und er schoß nun weiter nach allen Richtungen hin.